„ANKER LICHTEN! – Aufbruch in eine Welt ohne Ausgrenzung“

Bei Nieselregen versammelten sich rund 100 Personen am 25.08.2018 gegen 14 Uhr am Bahnhof in Ravensburg, um gemeinsam gegen AnkERzentren und die europäische Abschottungspolitik zu demonstrieren. Im Vorfeld gab es eine rechtliche Auseinandersetzung mit der Stadt Ravensburg aufgrund von voraussichtlich rechtswidrigen, als schikanös empfundenen Auflagen.
Vom Bahnhof aus liefen die Demonstrierenden zur ersten Zwischenkundgebung am Holzmarkt. Als erstes gab es einen ergreifenden Redebeitrag vom Ravensburger Bündnis für Bleiberecht „bleib!“, in dem betont wurde, dass wir alle nur Besucher auf diesem Planeten sind und in einer globalisierten Welt in der alles miteinander vernetzt ist, auch die Herzen der Menschen miteinander verbunden werden müssen. In einem weiteren Beitrag erzählte ein Mensch die Geschichte seiner Ankunft in Deutschland und wie sehr ihm die Unterstützung durch Ehrenamtliche geholfen hat, welche durch die Unterbringung in Ankerzentren und deren restriktive Zugangskontrolle unmöglich gemacht wurde.
Danach ging es weiter Richtung Gänsbühlcenter, wo ein Vertreter der „Refugees for Refugees“ in einem Redebeitrag darauf aufmerksam machte, dass der unmenschliche Umgang der BRD und der EU mit Geflüchteten, sobald dieser in der Bevölkerung als legitim angesehen wird, auf jede beliebige Minderheit übertragen werden kann. Somit bestünde die Gefahr, dass beispielsweise Menschen mit prekären Lebensumständen als nächstes, mit Hilfe der sich weiter verschärfende Gesetzeslage und der ausgebauten Lagerinfrastrukturen, Ziel von staatlicher Schikane werden. Im Anschluss wurde ein Aufruf, zu einer bayernweiten Initiative gegen Ankerzentren, Lagerunterbringung und rassistische Hetze, vorgelesen. In diesem Aufruf von „Kein Ankerzentrum nirgendwo“ wird festgestellt: „Spätestens jetzt wird es Zeit aufzustehen. Gegen die Entrechtung von Geflüchteten. Gegen Lagerunterbringung und rechte Hetze. Für eine Welt in der unabhängig von der Herkunft ein gutes Leben für alle möglich ist.“ Und im weiteren Verlauf zu einer Demonstration in Kempten am 22.09.2018 aufgerufen. Vom Gänsbühlcenter aus lief die Demonstration dann über den Marienplatz zur Bachstraße, um dort die Abschlusskundgebung durchzuführen. Hier wurde von einer Person auf den Ellwangen Appell aufmerksam gemacht und dazu aufgerufen eine Petition zu unterzeichnen, die die Rückholung des Aktivisten Alassa Mfouapon fordert. Im Petitionstext heißt es, Alassa wurde Ziel einer politisch motivierten Abschiebung, nachdem er sich für die Rechte von Geflüchteten eingesetzt hatte. Anschließend wurde der Aufruf zu den Gegenprotesten beim EU-Gipfel zur „inneren Sicherheit und illegaler Migration“ im österreichischen Salzburg verlesen. Darin heißt es: „Im Zuge der Ratspräsidentschaft, die Österreich ab der zweiten Jahreshälfte 2018 innehat, will das autoritär-konservative bis rechtsextreme Regierungsprojekt aus ÖVP und FPÖ seine Politik der Abschottung nach außen und der sozialen Kontrolle und Disziplinierung nach innen auf die europäische Ebene tragen. Für uns als emanzipatorische, gesellschaftliche Linke Anlass genug, die Proteste gegen die Regierung ebenfalls auf eine neue Stufe zu stellen.“ Abschließend wurde zu einer „Küche für Alle“ an der Räuberhöhle und einem dort stattfindenden Vortrag, zur Situation in Österreich und den Beweggründen für die Gegenproteste zum EU-Gipfel, eingeladen.
Die Stadt Ravensburg forderte in den für die Demonstration erlassenen Auflagen eine*n Ordner*in pro 10 Demonstrationsteilnehmer*innen und die namentlich Nennung aller Ordner*innen gegenüber der Polizei. Weiterhin sollte die Versammlungsleitung pauschal für alle Handlungen von Versammlungsteilnehmer*innen die Verantwortung übernehmen und es wurde festgestellt: „Evtl. Reinigungsmaßnahmen erfolgen zu Lasten des Veranstalters.“ Da dies in keiner Weise hinnehmbare oder rechtmäßige Forderungen darstellte, wurde Widerspruch gegen den Auflagenbescheid eingelegt. Diesen Widerspruch lehnte die Stadt Ravensburg ab und legte sogar noch nach. Nun wurde zusätzlich zu den Namen der Ordner*innen auch noch deren Telefonnummern gefordert. Aus diesem Grund wurde Klage vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. Wie eingangs erwähnt, stufte das Verwaltungsgericht Sigmaringen einen Großteil der durch die Stadt Ravensburg erlassenen Auflagen in einem Beschluss als vorläufig rechtswidrig ein. Das Urteil im Hauptverfahren steht noch aus.