Die Coronakrise wirkt wie ein Brennglas auf Probleme und Missstände in Gesellschaft und System. Unter anderem auf die Situation von Arbeiterinnen in Sozial- und Gesundheitsberufen. Die an Zynik kaum zu überbietende Klatschaktion während der ersten Coronawelle hat gezeigt, dass weite Teile von Politik und Gesellschaft noch lange nicht verstanden haben, wo die Missstände in den Sozialen-und Gesundheitsberufen liegen. Die hohe Belastung durch Schichtarbeit, der psychische und physische Druck und die privaten und persönlichen Entbehrungen die durch Care-Arbeit entstehen sind nicht mit Klatschen und Einmalzahlungen zu entschädigen. Seit Jahren fordern Beschäftigte und Gewerkschaften mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen. Leider nur mit geringem Erfolg. Viel zu oft müssen sich Arbeiterinnen mit zu geringen Gehaltserhöhungen und anderen Entschädigungen zufrieden stellen.
Der Grund für diese Umstände ist ein krankes System, indem Profite wichtiger sind als Menschen. Jedes Jahr müssen wir dabei zusehen wie große Wirtschaftsunternehmen ihre Umsätze steigern, während Menschen die in ihren Berufen Menschen helfen leer ausgehen.
Oft kümmern sie sich um Menschen die aufgrund von Krankheit, Behinderung oder Alter für das kapitalistische System nicht zu verwerten sind. Das ist der Grund wieso in diesem Sektor zu wenig Geld zur Verfügung steht um beispielsweise bessere Löhne zu zahlen oder mehr Personal einzustellen um Angestellte zu entlasten.
Ein weiterer Fehler im System, ist die Privatisierung des Gesundheitssektors. Krankenhäuser und Co werden geführt wie Wirtschaftsunternehmen. Hilfe ist nur Lohnenswert wenn sie Gewinn bringt. Der Einzug des Kapitalismus in das Gesundheitswesen macht die Carearbeit noch schwerer für die Beschäftigten. Hier ist zu sehen, dass die Profite mehr zählen als Menschen. Carearbeit darf nicht Wirtschaftsfaktoren unterliegen. Der Abbau von Intensivbetten in Kliniken ist eine Auswirkung dieser Privatisierungen.
Von Querdenkern wird dieser Abbau immer wieder als Argument her genommen, dass die Coronapandemie „nicht so schlimm sein kann“. Hier zeigt sich, dass diese Heuchler kein Interesse an Systemkritik haben sondern nur an der Instrumentalisierung der Missstände im Gesundheitssektors für ihre Interessen.
Arbeitskämpfen in diesem Bereich sind schwierig.
Konsequent gestreikt werden kann nicht, da sonst Menschen sterben. Lediglich symbolische Streiks sind möglich. Und die tun niemandem weh außer den schwächsten der Gesellschaft.
Der Kampf um faire Arbeitsbedingungen in Sozial- und Gesundheitsberufen ist auch ein Kampf um Gleichberechtigung. Careberufe werden traditionell schlechter bezahlt, da in diesem Bereich eine höhere Frauenquote Standart ist. Hier wird das Problem des Genderpaygap und patriarchal geprägter Rollenbilder an einer ganzen Branche sichtbar.
Die Anerkennung in der Gesellschaft steigt. Leider zahlt Anerkennung keine Rechnungen. Diese Anerkennung gilt es umzuwandeln in echte Solidarität.
Echte Solidarität bedeutet sich hinter die Arbeiterinnen zu stellen.
Echte Solidarität bedeutet die Gründe für diese Missstände zu erkennen und anzuklagen.
Echte Solidarität bedeutet langfristig bessere Arbeitsbedingungen zu fordern.
Echte Solidarität bedeutet nicht sich Temporär mit den Arbeiterinnen zu solidarisieren, wenn es einem gerade selbst in die eigene, egoistische Agenda passt wie es beispielsweise bei den „Solidaritätskundgebungen“ aus dem Querdenkermillieu der Fall war. Hierbei ging es darum die Impfpflicht für soziale Berufe zu kritisieren. Diese egoistische und oberflächliche Aktion zeigte, dass weder die allgemeinen Umstände der Menschen in sozial- und Gesundheitsberufen kritisiert wurde geschweige denn die Gründe die diese möglich machen. Es wurde mit einer anmaßenden Arroganz und der Unterstützung ein paar weniger aus dem Beruf kommenden den Care-Arbeiterinnen versucht zu diktieren wie sie sich zum Thema Impfpflicht verhalten zu haben.
Das ist keine Solidarität. Das ist Instrumentalisierung.
Lasst uns gemeinsam hinter den Arbeiterinnen stehen, die dieses kaputte System am Leben halten. Lasst uns hinter den Angestellten in Krankenhäusern, Wohnheimen, Ambulanten Diensten, Kindergärten und Kitas und allen anderen in Sozial- und Gesundheitsberufen stehen. Menschen über Profite. Für faire Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen. Gegen die Privatisierung des Gesundheitssektors. Für ein wirklich soziales System.